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Adressat unbekannt

adressatDas Büchlein, denn mehr ist es nicht, ein dünnes Heftchen, habe ich vor einer ganzen Weile gelesen. Es liest sich innerhalb einer halben Stunde weg, doch der Inhalt ist recht brisant.
Es geht um den Briefwechsel zwischen zwei Freunden und Geschäftspartnern in den 30ern, während der Machtergreifung Hitlers. Sie haben eine Galerie und vertreiben Gemälde. Max und Martin kennen sich schon lange. Max ist ein amerikanischer Jude, Martin kehrt aus Amerika nach Deutschland zurück. Zwischen ihnen entsteht ein Briefwechsel, in dem beide anfangs skeptisch auf die politischen Geschehnisse in Deutschland schauen. Max fragt Martin wie er das Aufkommen der Nazis sieht und macht sich Sorgen. Martin ist zunächst auch unsicher und hält nicht viel von Hitler und seinen Ansichten. Doch es kommt wie es kommen muss und Martin verfällt der Ideologie der Nazis und schließt sich der Denkweise an. Seine Freundschaft gegenüber Max zerbricht und er schreibt kaum bis gar keine Briefe mehr an Max. Dieser hingegen verfasst Briefe, die sehr gefährlich für Martin werden könnten.

Das war auch das, was mich so beeindruckt hat. Max ist ein gerissener Hund und lässt sich durch Martin, die Nazis und die Ideologie nicht einschüchtern. Er versucht Martin auf die Gefahren hinzuweisen, doch als ihm das nicht gelingt und er wohl genau weiß, dass die Briefe vorher durch Nazis kontrolliert werden, lässt er Martin unerwünschte Post zukommen. Auch wenn es nur ein Briefwechsel ist, ist er doch sehr spannend zu lesen. Vor allem auch wie sich die Einstellung von Martin in so kurzer Zeit ändert und er seinen Freund deswegen fallen lässt.
Das Buch ist schon 1938 erschienen, war allerdings lange Zeit wie vom Erdboden verschwunden und tauchte erst später wieder auf und ist heute noch von großer Bedeutung.

Das einzige, was mich an diesem Buch gestört hat, war das Vorwort von Elke Heidenreich. Sie bezeichnte pauschal alle Leser als „Täter“ und das finde ich nicht richtig. Ich bin kein Täter, ich kann nur aus der Geschichte lernen.